Dachkonstruktion

Es sei hier einleitend nochmals erwähnt, dass eine speziell leicht wirkende Dachkonstruktion das wichtigste Stilelement für die Aussenansicht bilden sollte, um den lokal vorgeschriebenen Chaletstil in eine zeitgemässe Anmutung zu transformieren. Erreicht wurde dies zunächst durch den Entfall von sämtlichen (sichtbaren) Balken, denn Balken suggerieren immer etwas ‚Schweres‘. Und der Dachüberstand sollte, als typisch für den Chaletstil, möglichst weit, aber zugleich unbedingt filigran wirken.
Damit kommt es natürlich zu einem gewaltigen Zielkonflikt und es ist hier das wirklich Besondere, diesen Zielkonflikt so gelöst zu haben, wie es bisher nicht auf einer solchen Höhe im Alpenraum umgesetzt werden konnte!

Der Zielkonflikt besteht aus verschiedenen Elementen, die absolut gegensätzlich wirken: auf der einen Seite natürlich die Schneelasten, wobei es dabei ausschliesslich um selten vorkommende Spitzenschneelasten geht, auf der anderen Seite wirken drei Kräfte, zunächst der Verzicht auf Balken als wichtigstes übliches Stabilisierungselement, weiterhin der grosse Dachüberstand, der mit weiter Auskragung enorme Hebelkräfte entwickelt, und schliesslich das Ziel, den Dachüberstand in seiner Stärke möglich filigran und damit dünn umzusetzen.
Dieser enorme Zielkonflikt soll anhand der wichtigsten Kennzahlen erläutert werden. Zwar geht im Zuge der Klimaerwärmung der durchschnittliche Schneefall leider deutlich zurück, aber die Gefahr seltener Spitzenschneelasten bleibt unverändert bestehen, auch wenn sie nur alle ca. 10 Jahre auftreten. Dann kann das Dach mit bis zu 1,50/1,80 m Schnee belastet werden, im dummen Fall mit anschliessendem Regen, der vom Schnee wie ein Schwamm gebunden wird. In einer solchen Situation muss das Dach bis zu 100 Tonnen Last aushalten können! (Entsprechend dem Gewicht von 70 Mittelklasse-PKW.)
Noch gravierender ist es beim südlichen Dachüberstand, denn dieser ragt mit 1,55 m Auskragung am weitesten hinaus, entwickelt damit enorme Hebelkräfte und hat keinerlei übliche Unterkonstruktion. Dieser Dachüberstand muss im Falle der Spitzenschneelast 14 Tonnen aushalten können – 10 Mittelklasse PKW auf dem frei über dem Balkon schwebenden Dachüberstand!

Das konstruktive ‚Geheimnis‘, wie diese enormen Lastansprüche hier überhaupt umgesetzt werden konnten, kann hier gelüftet werden, auch wenn die dafür notwendige Planung 1 Jahr beansprucht hat. Es kommen drei stabilisierende Elemente zum Einsatz, die im fertigen Bau alle nicht mehr sichtbar sind.
Erstens hat die Dachkonstruktion natürlich doch Balken, teilweise sogar solch stabile, breite Leimholzbinder, wie sie in einem normalen Dachstuhl gar nicht verwendet werden. Diese starken Balken sind versteckt, in der Dachhauptfläche liegen sie unsichtbar oberhalb der im Wohnraum sichtbaren Platten aus Lärche, und an den Giebelseiten sind die nochmals stabileren Binder in die äussere Dämmschutzhülle optisch eingebunden.
Zweites Element sind Stahlträger. Die übliche Firstpfette, wäre sie aus Holz, müsste sie 70 cm hoch sein, ist hier aus Stahl. Damit ist sie nur 22 cm hoch und konnte ebenfalls innerhalb des Dachaufbaus versteckt werden. Weiterhin gibt es erhebliche weitere Stahlverstärkungen.
Das dritte und letzte Bauelement sind Brettsperrholzplatten. Diese werden in den folgenden Fotos eindrücklich zu sehen sein. Solche Brettsperrholzplatten werden erst seit einigen Jahren hergestellt, sie ermöglichen durch ihre bisher unbekannte Stabilität neue Formen der Holzbaukonstruktion. Schilliger-Holz aus Küssnacht am Rigi ist einer der 3 schweizweit führenden Lieferanten.
Die Realisierung der letztlich auch klar mit viel Wagemut projektierten Dachkonstruktion des Chalet Avantgarde war nur möglich durch einen mehrstufigen und engen Abstimmungsprozess zwischen dem Spezialingenieur von Schilliger Holz und dem Architekturverantwortlichen.

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Zum Aufbau der Dachkonstruktion muss das Bauwerk eingerüstet werden. Kaum war dies Mitte April 2014 geschehen, kommt nochmal ein Schneeeinbruch. Der Aufbau des Dachs muss um eine Woche verschoben werden. 22.04.2014.

Zum Aufbau der Dachkonstruktion muss das Bauwerk eingerüstet werden. Kaum war dies Mitte April 2014 geschehen, kommt nochmal ein Schneeeinbruch. Der Aufbau des Dachs muss um eine Woche verschoben werden. 22.04.2014.

6 Tage später ist aller Schnee längst wieder weg und der grosse Tag des Dachaufbaus gekommen. Der Spezialkran entfaltet sich.

6 Tage später ist aller Schnee längst wieder weg und der grosse Tag des Dachaufbaus gekommen. Der Spezialkran entfaltet sich.
Da die Baufirma ganz ohne Kran gearbeitet hatte, ist dies der einzige Moment, wo auf der Baustelle ein Kran sein wird, so dass alle anderen Kranarbeiten auch auf diesen Tag gelegt werden müssen. 28.04.2014.

Bestes Wetter und auf den Bergen ist noch viel Schnee. Technisch interessant, dass der grosse Kran gar nicht auf dem gesamten LKW montiert ist, sondern der Hauptteil des LKWs zum Lasttransport zur Verfügung steht.

Bestes Wetter und auf den Bergen ist noch viel Schnee. Technisch interessant, dass der grosse Kran gar nicht auf dem gesamten LKW montiert ist, sondern der Hauptteil des LKWs zum Lasttransport zur Verfügung steht. Im Vordergrund unter den grünlichen Planen sind zwei grosse Paletten mit Fenstern, diese werden erst später eingebaut, müssen aber auch jetzt ins Haus gehoben werden. Dahinter, unter der roten Folie, das Wichtigste: die grossen Brettsperrholzplatten von Schilliger Holz.
Im Hintergrund gut zu erkennen ist die zwar stabile, aber auch filigrane Betonkonstruktion des Chalets.

Eine weitere Palette mit Fenstern wird angefahren und vom Kran mit voller Ausladung direkt von der Strasse aufgenommen.

Eine weitere Palette mit Fenstern wird angefahren und vom Kran mit voller Ausladung direkt von der Strasse aufgenommen.

Dieselbe Palette wird ins Haus abgesenkt. Dort wird sie auf dem Betonboden des Wohnraums bis zum Einbau abgestellt, ein späteres Einbringen ins Haus würde wegen dem dann aufsitzenden Dach unmöglich sein.

Dieselbe Palette wird ins Haus abgesenkt. Dort wird sie auf dem Betonboden des Wohnraums bis zum Einbau abgestellt, ein späteres Einbringen ins Haus würde wegen dem dann aufsitzenden Dach unmöglich sein.

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Noch ein wichtiger Lieferant findet sich minutengenau pünktlich ein: VIESSMANN liefert den Kessel für die Pelletheizung an, dieser hängt gerade am Kranhaken. Der Heizungskessel wird durch den Treppenausschnitt bis hinunter ins Untergeschoss gelassen.

Noch ein wichtiger Lieferant findet sich minutengenau pünktlich ein: VIESSMANN liefert den Kessel für die Pelletheizung an, dieser hängt gerade am Kranhaken. Der Heizungskessel wird durch den Treppenausschnitt bis hinunter ins Untergeschoss gelassen.
Das Chalet Avantgarde wurde seitens der Achitekturplanung und mit Unterstützung von Viessmann mit einem besonders umweltschonenden Heizungskonzept unter gänzlichem Verzicht auf konventionelle Brennstoffe ausgestattet. Neben der grossen Solaranlage kommt auch hier eine echte Innovation zum Einsatz: das Chalet bekommt den ersten schweizweit ausgelieferten Pelletkessel einer ganz neuen Bauart von Viessmann.
Ein Blick auf den Bau verrät, dass dort zwischenzeitlich schon das erste entscheidende Dachteil aufgesetzt wurde, die Firstpfette aus Stahl.

Hier zeigt sich der die Firstpfette bildende Stahlträger in seiner ganzen Pracht. Stahl ist das mit Abstand stabilste und kompakteste Baumaterial.

Hier zeigt sich der die Firstpfette bildende Stahlträger in seiner ganzen Pracht. Stahl ist das mit Abstand stabilste und kompakteste Baumaterial. Wie in der Einleitung ausgeführt, wird dieser Stahlträger im Falle eines extremen Schneefalls einen grossen Anteil der Gesamtlast aufnehmen müssen, ca. 35-40 Tonnen. Es ist offensichtlich, dass dies mit keinem anderen Baumaterial bei vergleichbar kompakter Bauweise möglich sein würde.
Besonders interessant ist der geradezu winzige Auflagepunkt des Stahlträgers hinten auf der Betonwand. Und dann wird auch klar, warum direkt darunter auch die Stahlsäule eingesetzt werden musste, und dann wiederum darunter eine massive Betonwand (Trennwand der beiden Schlafzimmer), und wiederum darunter ein eigenständiger Fundamentriegel.
Schliesslich ist noch gut zu sehen, dass der Stahlträger vorne um 20 cm über die Betonwand hinaussteht – im fertigen Chalet aber unsichtbar sein wird. Diese 20 cm werden später mit Dämmung aufgefüllt und anschliessend wird über alles die Aussenverschalung aus Lärche gezogen.

Noch eine Lieferung musste auf diesen Tag koordiniert werden: die Balkonkonstruktion aus Stahl. Hier schwebt gerade die Hälfte des 9 meter breiten Balkons.

Noch eine Lieferung musste auf diesen Tag koordiniert werden: die Balkonkonstruktion aus Stahl. Hier schwebt gerade die Hälfte des 9 meter breiten Balkons.
Rechts im Vordergrund einige Pakete und die Solarpanele der Viessmann-Heizung.

Die Trägerkonstruktion des Balkons wird auf die vorbereitete Stütze abgelassen.

Die Trägerkonstruktion des Balkons wird auf die vorbereitete Stütze abgelassen. Das Gerüst ist erkennbar an der Haussüdseite noch nicht aufgestellt, um die Montage des Balkons noch zu ermöglichen. Als der Balkon montiert war, kamen umgehend die Gerüstbauer und bauten das Gerüst noch schnell auf, damit die Zimmerleute entsprechend geschützt das Dach würden aufsetzen können.
Aus all diesen Details ist erkennbar, dass dieser Tag der mit Abstand wichtigste im Hinblick auf zeitliche Koordinationen war.

Verschraubung der Balkonkonstruktion mit einer Stütze.

Verschraubung der Balkonkonstruktion mit einer Stütze.

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Allgemeine Begutachtung des halben Werks der Balkonmontage.

Allgemeine Begutachtung des halben Werks der Balkonmontage.

Nachdem die vielen Nebenarbeiten endlich alle geschafft sind, geht es an das Wichtigste: die Montage der Dachkonstruktion.

Nachdem die vielen Nebenarbeiten endlich alle geschafft sind, geht es an das Wichtigste: die Montage der Dachkonstruktion. Je Dachseite wurden 4 solcher hier sichtbaren Elemente in der Zimmerei in Raron vorgefertigt. Damit werden insgesamt 8 dieser Elemente das Dach bilden. Links wird das Element in den Stahlträger eingeklinkt und rechts liegt es auf der Betonmauer auf, bzw. genau gesagt auf einer Fusspfette aus Holz, die auf der Betonmauer aufliegt.
Sehr gut zu sehen ist die bereits fertige Unterdachplatte des später im Wohnraum sichtbaren Lärchenholzes.

Element Nr. 6 wird eingeschwenkt. (Foto ist nicht gestellt.)

Element Nr. 6 wird eingeschwenkt. (Foto ist nicht gestellt.)

Element Nr. 7 wird in den Stahlträger eingeklinkt.

Element Nr. 7 wird in den Stahlträger eingeklinkt.

Dachmontage mit der noch tief verschneiten Mischabel-Gruppe im Hintergrund.

Dachmontage mit der noch tief verschneiten Mischabel-Gruppe im Hintergrund. Die Spitze mittig rechts ist das Nadelhorn, 4.327 m, zwei Spitzen weiter, etwas rundlich, der Dom, 4.505 m, als der höchste vollständig auf schweizer Gebiet liegende Berg. Leicht rechts unterhalb sind die Brüche des gewaltigen Riedgletschers gut zu sehen.

Ende des ersten Tages. Alle 8 Dachelemente sind vollständig montiert.

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Am zweiten Tag geht es an die Montage der Brettsperrholzplatten, deren übergrosse Ausmasse hier augenfällig werden. Denn nur, wenn sie nicht ‚zerschnitten‘ sind, haben sie ihre maximale Belastbarkeit.

Am zweiten Tag geht es an die Montage der Brettsperrholzplatten, deren übergrosse Ausmasse hier augenfällig werden. Denn nur, wenn sie nicht ‚zerschnitten‘ sind, haben sie ihre maximale Belastbarkeit.
29.04.2014

Montage der ersten Brettsperrholzplatte.

Montage der ersten Brettsperrholzplatte. Die Brettsperrholzplatten werden oben auf die bisher montierten 8 Dachelemente gelegt. Sie stehen über die Hausaussenwand über und bilden somit den Dachüberstand.
In die 8 Dachelemente musste vorher Dämmung eingesetzt werden (die gelbe, gut sichtbare Mineralwolle).

Juniorchef Benedikt Troger hat alles im Griff.

Juniorchef Benedikt Troger hat alles im Griff.

Diese enorm grosse Platte misst 11 meter!

Diese enorm grosse Platte misst 11 meter!

Montage dieser Platte auf der Ostseite, auf der Westseite liegt bereits eine spiegelbildliche.

Montage dieser Platte auf der Ostseite, auf der Westseite liegt bereits eine spiegelbildliche.

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Die Südseite zeigt alles Wesentliche: Die Dachplatten kragen schön aus, sie sind sehr filigran, die Balkonkonstruktion ist fertig, darauf ist das Gerüst aufgestellt und mit den seitlichen Gerüstteilen fest verbunden.

Die Südseite zeigt alles Wesentliche: Die Dachplatten kragen schön aus, sie sind sehr filigran, die Balkonkonstruktion ist fertig, darauf ist das Gerüst aufgestellt und mit den seitlichen Gerüstteilen fest verbunden.
Vorne unterhalb vom Balkon, mit Plane geschützt, wurden die zwei grossen Fensterelemente für die Schlafzimmer abgestellt.

Am Abend des zweiten Tags ist das Dach fertig und wird mit einer Plane geschützt.

Am Abend des zweiten Tags ist das Dach fertig und wird mit einer Plane geschützt.